Das Licht der Sterne spiegelte sich auf der Wasseroberfläche des Teiches. Die Stille wurde nur durch das leise Plätschern eines Baches durchbrochen, der über einen Felsen in den Teich mündete.
Ein leises Rascheln ertönte als sich der mit Schlamm bedeckte Kater durch das lange Gras am Ufer schob und an den Rand des Teiches trat. Unter der Schlammschicht schimmerten einige hellrote Stellen hervor. Seine Schultern wirkten eingefallen und seine grünen Augen glanzlos. Er beugte sich über die Wasseroberfläche und begann zu trinken.
„Gebrochene Zacke?“, rief plötzlich eine vertraute Stimme. Gebrochene Zacke hob ruckartig beim Klang der Stimme den Kopf nach oben und erstarrte. „Steinsagerin!“, begrüßte er seine alte Stammesführerin verwundert und sprang auf die Pfoten. Die weiße Kätzin kam mit seichten Sprüngen auf ihn zu. In ihrem langen weißen Pelz glitzerten die Sterne wie Diamanten. Behutsam legte sie die Schnauze auf den Kopf des älteren Katers. „Ich wusste du schaffst es. Du hast unseren Stamm in eine neue Heimat geführt. Doch gib stets Acht, Gebrochene Zacke. Das Rascheln der Knochen wird lauter. Führe unseren Stamm gut durch die schwere Zeit.“ sagte sie mit lieblicher Stimme. Der rotbraune Kater zuckte verwundert mit den Ohren. „Schwere Zeiten …? Steinsagerin, was meinst du damit? Der Frühling ist angebrochen. Und...welche Knochen?“ In seiner Stimme lag ein Funken Angst. Könnte er seinen Stamm, seine Gruppe, durch diese Zeit führen?
Und wer sind diese Knochen?
Die weiße Kätzin lächelte nur. „Der Stamm der ewigen Jagd wird immer über euch wachen und auch die Sterne werden dich stets leiten, Gebrochene Zacke“, sagte sie und verschwand in die Nacht. „Steinsagerin, warte!“, rief der Kater ihr nach. War es wirklich seine Aufgabe seine Gruppe durch diese Zeit zu führen? War er dazu stark genug? Auf der Reise hatten sie drei Gruppenkameraden verloren.
„Der Tag wird kommen, Blut und Finsternis regieren den Wald. Vier wird es geben, wenn der Sturm ruht. Von vier gefallenen Kriegern werden sie euch den Weg weisen. Doch hütet euch vor dem Krieger, an dessen Pfoten mehr Blut klebt, als die Schatten sehen können! “,
hallte die Stimme der Steinsagerin durch den aufkommenden Wind. Gebrochene Zacke plusterte sein Pelz auf und wollte ihr nachlaufen aber der Wind verwandelte sich in einen richtigen Sturm, gegen den er nicht ankam und ihn schließlich von den Pfoten riss. Mit einem kurzen Aufjaulen wurde er durch die Luft gewirbelt.
Alles war finster um ihn herum, das laute Brausen erfüllte all seine Sinne und er fühlte sich in den Moment zurückversetzt als er hinter Funke in den Gebirgsfluss gesprungen war und vergeblich versucht hatte den jungen Kater zu retten. Einen Herzschlag später empfand er dieselbe Angst, die er auf dem Donnerweg empfunden hatte als das riesige Monster auf ihn und seine Gefährten zu gedonnert kam. „Lauft!“, hörte er sich rufen. „Gebrochene Zacke? Gebrochene Zacke! Wach auf!“ Er spürte wie er an der Schulter geschüttelt wurde. Blinzelnd schlug er seine verklebten Augen auf und fand sich in seinem Moosnest unterhalb des Holunderbusches wieder wo er am Abend eingeschlafen war. Seine Tochter Minzblatt hatte sich über ihn gebeugt und beschnüffelte ihn besorgt. „Ist alles in Ordnung? Du hast im Schlaf irgendwas geredet.“ Gebrochene Zacke schüttelte den Kopf. „Nein alles gut.“
Er folgte seiner Tochter nach draußen wo sich die anderen Katzen bereits unten in der Kuhle versammelten.
Obwohl die Schatten seines Traumes immer noch wie Spinnweben an ihm klebten, konnte er ein zufriedenes Schnurren nicht unterdrücken. Die Reise war lang und hart aber wir haben es endlich geschafft.
Ein lauer Wind säuselte durch die Blätter der vier riesigen Eichen, die den Rand der Kuhle säumten und brachten die Gerüche der Blattfrische mit sich. Er wandte sein Gesicht dem Wind entgegen, so stand die aufgehende Sonne hinter ihm und er sah wie sie immer mehr von ihrem neuen Zuhause enthüllte.